Die Lage im Gesundheitssystem, das sich in einer echten Versorgungskrise befindet, ist äusserst kritisch.
Im Jahr 2021 wurde die Pflegeinitiative, lanciert vom Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen, von der Schweizer Bevölkerung mit großer Mehrheit angenommen. Die Annahme der Initiative hatte große Erwartungen bei den Gesundheitsfachpersonen und der solidarischen Bevölkerung geweckt.Leider wurden diese Erwartungen völlig enttäuscht – aufgrund der Untätigkeit der politischen Klasse, die nicht nur die Postulate der Initiative bisher nicht umgesetzt hat, sondern auch mit schuldhafter Verzögerung einen Gesetzesvorschlag vorgelegt hat, der völlig unzureichend erscheint und zentrale Punkte der Initiative ignoriert. Aus diesem Grund hat sich eine breite Koalition von Gewerkschaften und Berufsverbänden, vereint in der Allianz für das Gesundheitspersonal – darunter auch Unia – dazu entschlossen, vier Jahre nach der Annahme der Initiative und parallel zu den parlamentarischen Diskussionen über deren Umsetzung, eine große nationale Demonstration zu organisieren. Diese findet am Samstag, 22. November ab 14:15 Uhr auf dem Bundesplatz in Bern statt.
Eine offene Demonstration, die eine Brücke schlagen will zwischen den Forderungen des Gesundheitspersonals und jenen der Patientinnen und Patienten sowie aller Menschen, die Pflege und Betreuung benötigen. Die Demonstration fordert dringend die sofortige Umsetzung der Pflegeinitiative, insbesondere eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, ohne die eine qualitativ hochwertige Pflege, wie sie jede Bürgerin und jeder Bürger verdient, nicht gewährleistet werden kann.Ebenso wird eine bessere Finanzierung und mehr öffentliche Mittel gefordert, um unser Gesundheitssystem zu stärken – ein System, das eine strategische und essenzielle Rolle für die gesamte Gesellschaft spielt.
Auch eine gerechtere Personal-Patienten-Relation, die sogenannte Ratio, ist eine historische Forderung der Pflegefachpersonen und des Gesundheitspersonals.Wir stehen fünf Minuten vor Mitternacht! Die Lage ist kritisch und die demografische Entwicklung wird die Probleme weiter verschärfen. Man bedenke: Bis 2040 wird der Bedarf an Langzeitpflege um 43 % steigen. Das entspricht 626 neuen Altersheimen und 6 Millionen zusätzlichen Arbeitsstunden für ambulante Pflege- und Betreuungsdienste. Diese Zahlen sollten zum Nachdenken anregen und erfordern eine klare Verantwortungsübernahme durch die politische Führung. Das Personal ist überlastet, viele verlassen den Beruf, die jährliche Fluktuation liegt bei rund 30 %, tausende Stellen sind unbesetzt – das sind deutliche Symptome einer Krise, die das gesamte Gesundheitssystem direkt gegen die Wand fahren lässt.
Alle wissen, dass die Rolle der Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund im Gesundheitswesen absolut essenziell ist – ohne sie müssten Spitäler, Pflege- und Rehabilitationsheime sowie ambulante Dienste ihre Tätigkeit einstellen. Wir rufen euch auf, euch zu mobilisieren für die nationale Demonstration am 22. November, die ein klares Signal an Bundesrat und Parlament senden muss.Denn es ist offensichtlich, dass die Qualität der Pflege nicht mehr gewährleistet werden kann und schnell gehandelt werden muss, um bessere Rahmenbedingungen für unser Gesundheitssystem zu schaffen.
Das Thema Gesundheit und Pflege betrifft uns alle und muss zu einer echten Priorität auf der politischen Agenda dieses Landes werden. Deshalb werden wir alle am 22. November in Bern sein. Gemeinsam sind wir stark.
Enrico Borelli ist nationaler Leiter Pflege bei der Unia