Rückzahlung der Arbeitslosenentschädigung
Nach der Kündigung durch meine ehemalige Arbeitgeberin habe ich mich beim RAV zur Stellenvermittlung angemeldet und bei der Arbeitslosenkasse den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung eingereicht. Da ich nach zwei Monaten Arbeitslosigkeit eine neue Stelle gefunden habe, konnte ich mich von der Stellenvermittlung abmelden. Einen Monat danach erhalte ich nun von der Arbeitslosenkasse eine Verfügung. In dieser steht, dass ich aufgrund selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit Einstelltage erhalte. Diese könnten aufgrund der Abmeldung nicht mehr mit laufenden Zahlungen getilgt werden, und demzufolge müsse ich einen Teil der erhaltenen Arbeitslosenentschädigung zurückzahlen. Darf die Arbeitslosenkasse das tun?
Francesco Salerno: Ja, die Arbeitslosenkasse darf Einstelltage rückwirkend tilgen, indem sie bereits ausgezahlte Taggelder zurückfordert. Dies ist der Fall, wenn die Abklärungen in Bezug auf eine allfällige selbstverschuldete Arbeitslosigkeit bis zur Abmeldung noch nicht abgeschlossen sind und die Tilgung der Einstelltage mit laufenden Zahlungen nicht mehr möglich ist. Wichtig ist, dass die Arbeitslosenkasse die Verfügung innerhalb der sechsmonatigen Vollzugsfrist erlässt. Diese beginnt am ersten Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wenn Sie mit der Verfügung nicht einverstanden sind, müssen Sie innert 30 Tagen ab Erhalt eine Einsprache einreichen, auch wenn Sie abgemeldet sind.
Ich will in der Schweiz bleiben
2019 habe ich eine auf ein Jahr befristete Anstellung in Bern gefunden und bin von Irland in die Schweiz gezogen. Ich erhielt eine B-Bewilligung EU/EFTA ausgestellt. Der Ausweis lief 2024 aus, doch er wurde verlängert. Inzwischen habe ich eine unbefristete Anstellung gefunden und möchte dauerhaft in der Schweiz bleiben, da ich hier auch meine Lebenspartnerin kennengelernt habe. Eine italienische Arbeitskollegin sagte mir, dass sie nach 5 Jahren eine C-Bewilligung, also eine Niederlassungsbewilligung, erhalten habe. Hätte ich auch Anspruch auf eine C-Bewilligung gehabt nach fünf Jahren?
Marina Wyss: Nein, einen Anspruch haben Sie nicht. Sie sind irischer Staatsbürger. Da Irland ein EU/EFTA-Land ist, fallen Sie unter den Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU. Bei Arbeitsverträgen, die mindestens 365 Tage dauern, wird grundsätzlich ein B-Ausweis ausgestellt. Die Schweizer Behörden können nach 10 Jahren legalem Aufenthalt, sofern in den letzten 5 Jahren ununterbrochen eine Aufenthaltsbewilligung B vorlag, eine Niederlassungsbewilligung C erteilen. Da das Gesetz von «können» spricht, liegt das Ermessen bei den Behörden, wobei insbesondere geprüft wird, inwiefern die Person integriert ist. Bei Ihrer Arbeitskollegin aus Italien liegt eine andere Ausgangslage vor: Die Schweiz hat mit Italien einen weiteren völkerrechtlichen Vertrag abgeschlossen, eine Niederlassungsvereinbarung. Sind die darin genannten Voraussetzungen erfüllt, erhalten italienische Staatsangehörige bereits nach 5 Jahren eine Niederlassungsbewilligung (sowie Schweizer Staatsangehörige umgekehrt in Italien).
Bewilligungugspraxis
Aus beruflichen Gründen bin ich 2023 von Serbien in die Schweiz gezogen. Ich habe eine Stelle bei einem internationalen Konzern gefunden. Mein Arbeitsvertrag war auf ein Jahr befristet. Mittlerweile habe ich aber zum Glück einen unbefristeten Arbeitsvertrag, da meine Englischkenntnisse sehr gut sind. Der Migrationsdienst will mir die B-Bewilligung jedoch nur für ein Jahr verlängern. Habe ich nicht Anspruch auf eine längere Aufenthaltsbewilligung oder sogar auf eine Niederlassungsbewilligung?
Marina Wyss:Nein, als serbische Staatsangehörige fallen Sie nicht unter den Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU, und die Aufenthaltsbewilligung wird nicht grundsätzlich für fünf Jahre erteilt. Bei Personen wie Ihnen, die nicht aus einem EU/EFTA-Land stammen, spricht man von Drittstaatenangehörigen. Diese erhalten nur unter strengen Voraussetzungen eine Arbeitsbewilligung im Schweizer Arbeitsmarkt, wobei Ihre Arbeitgeberin hierfür ein Gesuch bei der Migrationsbehörde stellen musste. Die Stellen sind ausserdem zahlenmässig beschränkt (kontingentiert). Das Gesetz besagt, dass bei einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung bei der Festlegung der Gültigkeitsdauer die Integration der betreffenden Person berücksichtigt wird. Sofern Sie nur Englisch und kein Deutsch sprechen, könnte das ein Grund sein für die befristete Aufenthaltsbewilligung. Für eine Niederlassungsbewilligung müssten Sie grundsätzlich 10 Jahre einen gültigen Aufenthalt in der Schweiz vorweisen.
Quellensteuerpflicht
Ich bin quellensteuerpflichtig. Mein Arbeitgeber hat mir jeden Monat einen bestimmten Betrag als Quellensteuer vom Lohn abgezogen. Aber er hat die abgezogenen Beträge nicht an die kantonale Steuerverwaltung weitergeleitet. Jetzt fordert die Steuerverwaltung diese Beträge von mir zurück. Darf sie das?
Federica Colella: Nein. Für die Zahlung der Quellensteuer ist der Schuldner der steuerbaren Leistung verantwortlich, also der Arbeitgeber. Das besagen das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) und das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG). Für die Ablieferung der Quellensteuer an die zuständige Behörde erhält der Arbeitgeber übrigens eine Bezugsprovision.
Nur wenn der Arbeitgeber einen ungenügenden oder gar keinen Abzug vorgenommen hat und die Veranlagungsbehörde nicht in der Lage ist, diese Steuer beim Schuldner nachträglich einzutreiben, kann sie den Steuerpflichtigen zur Entrichtung der geschuldeten Quellensteuer verpflichten. Ausserdem ist zu beachten, dass der Arbeitgeber sich unter anderem des Steuerbetrugs schuldig macht, wenn er den Betrag der Quellensteuer vom Lohn des Arbeitnehmers einbehält, statt an die Steuerbehörde abzuführen.
Unfall bei Schwarzarbeit
Ich habe für einen Bauern gearbeitet. Kurz nach meinem Arbeitsantritt hatte ich einen schweren Traktorunfall. Ich musste mehrere Tage im Spital bleiben und war lange arbeitsunfähig. Und ich musste leider erfahren, dass mich der Bauer schwarz beschäftigt hatte. Konkret hatte er mich nicht bei den Sozialversicherungen angemeldet. Kann ich trotzdem Leistungen des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) beanspruchen?
Federica Colella: Ja. Jede Person, die in der Schweiz arbeitet, ist bei einem Unfallversicherer obligatorisch gegen Berufsunfälle versichert. Wenn die Person mindestens acht Stunden pro Woche arbeitet, ist sie auch gegen Nichtberufsunfälle versichert. Die Unfallversicherung nach UVG deckt insbesondere die Kosten für die medizinische Behandlung ohne Selbstbehalt und Kostenbeteiligung sowie einen Teil des Verdienstausfalls, der durch die unfallbedingte Gesundheitsschädigung entsteht. Einige Arbeitnehmende, etwa in der Bauindustrie, sind allein aufgrund des Gesetzes, also «automatisch», bei der Suva versichert. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber jeden neuen Arbeitnehmer bei der Suva anmelden. Tut er dies nicht, kann ein verunfallter Arbeitnehmer trotzdem die Übernahme der Unfallkosten bei der Suva beantragen. Bei Arbeitnehmenden, für die das Gesetz keine «automatische» Suva-Versicherung vorsieht, ist es Sache des Arbeitgebers, einen Versicherungsvertrag mit einem Unfallversicherer abzuschliessen. Wenn der Arbeitgeber das nicht getan hat oder wenn er die Prämien nicht bezahlt hat, wird die sogenannte Ersatzkasse UVG einspringen und die gesetzlich vorgesehenen Leistungen erbringen. Landwirtschaftliche Arbeitnehmende gehören nicht zu den «automatisch» Versicherten. Sie können den Unfall also über das Onlineformular bei der Ersatzkasse melden. So können auch Sie die gesetzlichen Versicherungsleistungen beziehen.
Natürlich bedeutet dies nicht, dass Schwarzarbeit risikofrei ist. Im Gegenteil, sie kann je nach Einzelfall gravierende Folgen haben, sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer.
Verunfallt
Vor ein paar Monaten hatte ich einen Unfall. Zurzeit erhalte ich Unfalltaggelder und hoffe, dass meine Verletzungen ganz ausheilen und ich meine körperliche Arbeit wieder voll ausüben kann. Was, wenn das doch nicht der Fall sein wird? Erhalte ich dann eine Unfallrente, und falls ja, ab wann?
Myriam Muff: Ja, in dem Fall hätten Sie Anspruch darauf. Damit Sie eine Unfallrente erhalten, braucht es eine bleibende Beeinträchtigung in der Erwerbsfähigkeit. Als erwerbsunfähig gilt, wer trotz Behandlung und Eingliederungsversuchen, etwa nach einem Unfall, bei der Arbeit beeinträchtigt bleibt. Ob und in welcher Höhe Sie eine Rente erhalten, hängt vom sogenannten Invaliditätsgrad ab. Dabei ist wichtig zu wissen, dass die Invalidität wirtschaftlich zu verstehen ist und nicht medizinisch. So wird ermittelt, welches Einkommen Sie auf dem Arbeitsmarkt erzielen könnten, also an einer theoretischen Stelle, unabhängig davon, ob eine solche Stelle wirklich vorhanden ist oder nicht. Dies ergibt das sogenannte Invalideneinkommen. Das Einkommen, das Sie ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen erzielen konnten, nennt sich «Valideneinkommen». Der Invaliditätsgrad ergibt sich aus dem prozentualen Verhältnis zwischen dem Valideneinkommen und dem Invalideneinkommen. Während es in der Invalidenversicherung erst ab einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent eine Invalidenrente gibt, bezahlt die Unfallversicherung bereits bei einem Invaliditätsgrad ab 10 Prozent eine Rente. Die Rente bemisst sich auf der Basis von 80 Prozent des versicherten Verdienstes, also des Lohnes, den Sie innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogen haben. Daraus berechnet sich dann je nach Höhe des Invaliditätsgrades die Rentenhöhe.
Anspruch auf Arbeitslosengeld
Ich bin 60 Jahre alt und habe meine Arbeitsstelle aus persönlichen Gründen gekündigt. Im Moment wäge ich meine Optionen ab und prüfe einen allfälligen Rentenvorbezug der beruflichen Vorsorge. Gleichzeitig würde ich mich aber auch arbeitslos melden und eine neue Arbeit suchen, da meine Pensionskassenrente allein nicht reichen wird. Ein Freund hat mich jedoch darauf hingewiesen, dass ich von der Arbeitslosenkasse nichts bekäme, wenn ich das machen würde. Stimmt das?
NATASA JEVDENIC: Nein, das stimmt so nicht mehr. Die gesetzlichen Bestimmungen haben sich mit der AHV-Reform per 1. Januar 2024 geändert. Seit diesem Jahr schliesst ein Rentenvorbezug der beruflichen Vorsorge oder der AHV einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht mehr aus. Die Arbeitslosenkasse prüft in solchen Fällen, ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Leistungen der beruflichen Vorsorge und/oder AHV würden dann von der monatlichen Arbeitslosenentschädigung vollumfänglich abgezogen werden. Sofern die Arbeitslosentaggelder höher sind als die Rente, erfolgt eine Auszahlung der Arbeitslosentaggelder. Sind die Arbeitslosentaggelder tiefer als die Rente, erfolgt keine Auszahlung der Arbeitslosenkasse. Eine Rente der beruflichen Vorsorge und ein Vorbezug der AHV würden kumuliert. (Work, 30.5.24)
Ein Grippentag kann je nach GAV zulasten der Arbeitnehmenden gehen
Ich bin Schreiner. Im Januar hat mich eine Grippe erwischt. Der Arzt hat mir eine Woche Bettruhe verschrieben. Als ich Ende Monat die Stundenabrechnung kontrollierte, waren da 8,3 Minusstunden aufgeführt. In der Lohnabrechnung sah ich, dass ein Teil meines Lohnes nur zu 80 Prozent ausgezahlt wurde. Als ich im Personalbüro nachfragte, erklärte mir die HR-Fachperson, dass eine Krankentaggeldversicherung bestehe. Laut GAV zahle diese erst ab dem zweiten Tag der Abwesenheit. Der erste Tag werde mir deshalb als Minusstunden verbucht. Ab dem zweiten Tag müsse die Arbeitgeberin dann nur noch 80 Prozent des Lohns fortzahlen. Stimmt diese Aussage?
Marina Wyss: Ja. Im Gesamtarbeitsvertrag für das Schreinereigewerbe heisst es, dass die Arbeitgeberin die dem GAV unterstellten Arbeitnehmenden kollektiv für ein Krankentaggeld bei Arbeitsunfähigkeit zu versichern habe. Die Lohnfortzahlung müsse erst ab dem zweiten Tag der Arbeitsverhinderung geleistet werden, das steht so ausdrücklich im GAV. Das heisst, der erste Tag geht zulasten der Arbeitnehmenden. Wenn eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen ist, zahlt diese 80 Prozent des Lohnes. Falls Arbeitnehmende für eine längere Dauer krank sind, leistet die Krankentaggeldversicherung dafür Taggelder für rund zwei Jahre (720 Tage). Ohne eine Regelung in einem GAV muss die Arbeitgeberin den Lohn zwar ab dem ersten Tag zu 100 Prozent fortzahlen, jedoch für weniger lange Dauer. (Work, 22.5.24)
Gratifikation
Vor gut zwei Jahren habe ich meine derzeitige Stelle angetreten. Aufgrund des Fachkräftemangels hat mir meine Arbeitgeberin eine Gratifikation von 5000 Franken in Aussicht gestellt, wenn ich bis am 31. Dezember 2023 nicht kündige. Dies wurde schriftlich so vereinbart. Ende 2023 habe ich jedoch nur 4000 Franken erhalten, obwohl das Arbeitsverhältnis nach wie vor ungekündigt ist. Als ich meinen Chef darauf ansprach, sagte er mir, dass eine Gratifikation abhängig vom Ermessen des Arbeitgebers sei und es aufgrund des schlechten Geschäftsgangs nicht möglich gewesen sei, mir einen zusätzlichen Monatslohn zu bezahlen. Hat er recht?
Myriam Muff: Nein. Es stimmt zwar, dass eine Gratifikation in einem gewissen Masse vom Willen des Arbeitgebers abhängt. Eine Gratifikation ist eine Sondervergütung, welche die Arbeitgeberin bei bestimmten Anlässen wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahres ausrichtet. Sie zeichnet sich gegenüber dem Lohn dadurch aus, dass sie zusätzlich zum Lohn ausgezahlt und vom Arbeitgeber freiwillig ausgerichtet wird. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Höhe der Gratifikation von der Qualität der Arbeitsleistung, dem Geschäftsgang oder von weiteren von der Arbeitgeberin frei bestimmbaren Kriterien abhängig gemacht wird. In Ihrem Fall wurde Ihnen für Ihre Firmentreue ein klares Versprechen über einen zum Voraus festgesetzten und fest vereinbarten Betrag gemacht – und zwar unabhängig vom Geschäftsgang. Ein im Voraus festgesetzter und fest vereinbarter Betrag kann gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts keine Gratifikation sein. Ihre Arbeitgeberin schuldet Ihnen damit die vereinbarten 5000 Franken bedingungslos. Es handelt sich dabei also um Lohn und nicht um eine Gratifikation im Ermessen der Arbeitgeberin. (Work, 08.03.2024)
Arbeitslosenkasse / Arbeitsunfänigkeit / IV
Ich bin für längere Zeit zu 50 Prozent krankgeschrieben und habe deshalb meine Vollzeitstelle verloren. Ich habe mich bei der Arbeitslosenkasse angemeldet. Gleichzeitig lief ein Verfahren bei der IV. Die Arbeitslosenkasse hat mich normal entschädigt, bis der IV-Entscheid kam. Der IV-Grad beträgt 35 Prozent, eine IV-Rente gibt es nicht, und die Arbeitslosenkasse kürzt mir wegen des IV-Grads auch noch die Leistungen. Das geht doch nicht?
Natasa Jevdenić: Leider doch. Meldet sich eine erkrankte Person zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an und ist sie bereit und in der Lage, eine Arbeit im Umfang von mindestens 20 Prozent anzunehmen, besteht für die Arbeitslosenkasse eine Vorleistungspflicht. Das bedeutet, dass während des laufenden IV-Verfahrens von der Arbeitslosenkasse die vollen Leistungen erbracht werden. Wie das bei Ihnen der Fall war. Wird dann im Laufe des Verfahrens rückwirkend ein Invaliditätsgrad festgestellt, muss der versicherte Verdienst der verbleibenden Erwerbsfähigkeit angepasst werden. Dies geschieht unabhängig davon, ob der festgelegte Invaliditätsgrad zu einem Rentenanspruch führt oder nicht. Die Arbeitslosenversicherung deckt den Ausfall ab, den Sie aufgrund der Kündigung verlieren, jedoch nicht den Ausfall durch die Erwerbsunfähigkeit. Deshalb wurde aufgrund Ihres Invaliditätsgrades von 35 Prozent Ihre Erwerbsfähigkeit auf 65 Prozent angepasst.
(Work, 4.4.24)
Ich bin arbeitslos, und gleichzeitig warte ich auf einen Entscheid der IV. Die Arbeitslosenkasse verlangte, dass ich mindestens zu 20 Prozent arbeitsfähig sein müsse. Das war eine Zeitlang möglich. Leider hatte ich nach ein paar Monaten einen starken Rückfall und bin nun seit drei Monaten wieder zu 100 Prozent krankgeschrieben. Die Arbeitslosenkasse hat noch einen Monat bezahlt und seither nichts mehr. Dürfen die das?
Natasa Jevdenić: Ja, das dürfen sie. Wie oben bereits dargelegt, sind die Arbeitsfähigkeit sowie die Bereitschaft von mindestens 20 Prozent Voraussetzungen, damit die volle Arbeitslosenentschädigung während eines laufenden IV-Verfahrens erbracht werden kann. Wird die versicherte Person zu 100 Prozent krankheitsbedingt arbeitsunfähig, greifen die regulären Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes. Demnach richtet die Arbeitslosenkasse das volle Taggeld längstens bis zum 30. Kalendertag nach Beginn der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aus. Danach können Taggelder erst ausgerichtet werden, wenn wieder eine Arbeitsfähigkeit von mindestens 20 Prozent besteht. Somit ist es richtig, dass die Arbeitslosenkasse ihre Leistungen auf einen Monat beschränkt hat. (Work, 4.4.24)
Gemäss meinem Arbeitsvertrag ist mein Arbeitsort in der Stadt Zürich. Ich wohne in der Agglomeration von Zürich. Bisher war es für mich klar, dass mein Arbeitsweg nicht als Arbeitszeit angerechnet wird. Meine Arbeitgeberin hat aber noch eine Zweigstelle in Bern. Weil es dort akuten Personalmangel gibt, muss ich nächsten Monat in Bern arbeiten. Wird mir der längere Arbeitsweg als Arbeitszeit angerechnet?
Myriam Muff: Ja. Zwar gilt der Arbeitsweg grundsätzlich nicht als Arbeitszeit. Eine Ausnahme liegt aber dann vor, wenn Sie Ihre Arbeit ausserhalb des eigentlichen Arbeitsortes zu leisten haben und dadurch die Wegzeit länger als üblich ausfällt. In Ihrem Fall heisst dies, dass Ihnen die Differenz zwischen Ihrer bisherigen Wegzeit und der Wegzeit, die Ihnen im nächsten Monat aufgrund Ihres ausserordentlichen Einsatzes in der Zweigstelle Bern entsteht, als Arbeitszeit angerechnet werden muss. Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin Ihnen gestützt auf das Obligationenrecht die zusätzlich entstehenden Auslagen zu vergüten (zum Beispiel das Zugticket). (Work, 8.3.24)
Ich habe Jahrgang 1962 und erreiche mit 64 Jahren und 6 Monaten mein Referenzalter zur Pensionierung. Mit der AHV-Reform 21 gehöre ich ja zur Übergangsgeneration. Meine erwerbstätige Tochter hat an Weihnachten verkündet, dass sie ein Kind erwarte. Sie hat vor, nach dem Mutterschaftsurlaub wieder Vollzeit zur arbeiten. Ich würde mich gerne um das Enkelkind kümmern, wenn meine Tochter wieder zu arbeiten beginnt. Ich war bei der Ausgleichskasse und habe mich erkundigt, ob ich mich frühpensionieren lassen solle. Bei der Ausgleichskasse erklärte man mir, dass ich einen Teilvorbezug der Rente beantragen könne. Je nach Zeitpunkt käme auch ein tieferer Kürzungssatz zur Anwendung. Könnte ich die Rente teilweise vorbeziehen und Teilzeit weiterarbeiten?
Marina Wyss: Ja, es handelt sich um eine neue Möglichkeit, die mit Inkrafttreten der neuen AHV-Gesetzgebung eingeführt wurde. Neu können Sie tatsächlich auch eine Teilrente beziehen. Die Ausgleichskasse kann Ihnen verschiedene Optionen berechnen. Mehr Infos finden Sie auf diesen Erklärvideos. (Work, 16.2.24)
Meine Schwester hatte letzte Woche ein Vorstellungsgespräch als Bibliothekarin. Dabei wurde ihr die Frage nach einem allfälligen Kinderwunsch gestellt. Darf der Vorgesetzte eine solche Frage stellen?
Gilles Sciboz: Nein. Die Firma muss mit geeigneten Fragen an die bewerbende Person herausfinden, ob sie sich für die ausgeschriebene Stelle eigne. Das heisst, dass nur Fragen im direkten Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Arbeitsstelle zulässig sind. Fragen, die über diesen Rahmen hinausgehen, verstossen gegen das Obligationenrecht, wonach der Arbeitgeber nur diejenigen Daten über den Arbeitnehmer bearbeiten darf, soweit sie seine Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen. Fragen zur Gesundheit einer Bewerberin oder zu einer möglichen Schwangerschaft sind nur zulässig, wenn die zu erledigenden Aufgaben mit gesundheitlichen Problemen oder einer bestehenden Schwangerschaft unvereinbar sind. So ist es beispielsweise möglich, eine Bewerberin zu fragen, ob sie Rückenprobleme habe, wenn sie schwere Lasten tragen muss. Oder sich nach dem Verlauf einer Schwangerschaft zu erkundigen, wenn es sich um Nachtarbeit, gefährliche oder anstrengende Arbeit handelt.
Fragen nach dem früheren Gehalt, dem Familienstand, Vorstrafen (ausser Vorstrafen im Zusammenhang mit Vermögensdelikten für eine Person, die im Finanzbereich arbeiten soll, oder Drogendelikten, wenn in einem Krankenhaus mit Opiaten gearbeitet wird), Gesundheitsproblemen, der sexuellen Orientierung oder der Religion sind verboten.
Der Kinderwunsch Ihrer Schwester steht in keinem direkten Zusammenhang mit den Aufgaben einer Bibliothekarin. Infolgedessen ist die Frage unzulässig. In diesem Fall darf Ihre Schwester vom sogenannten «Notwehrrecht der Lüge» Gebrauch machen und die Frage verneinen. (Work, 5.2.24)
Ich werde dieses Jahr 64 Jahre alt (Jahrgang 1960). Letztes Jahr sagte mir die Personalabteilung, dass ich 2024 pensioniert würde. Als ich im Pausenraum freudig verkündete, dass ich mich dieses Jahr pensionieren lasse, haben mir die Kolleginnen und Kollegen gesagt, dass das nicht sein könne. Eine nicht wesentlich jüngere Kollegin sagte mir, dass das HR ihr die Auskunft gegeben habe, sie könne erst mit 65 in Pension gehen. Kann ich mich 2024 pensionieren lassen?
Marina Wyss: Ja, Sie gehören zum letzten Jahrgang Frauen, die noch mit dem Abschluss des 64. Altersjahrs ihr Pensionsalter erreichen. Am 25. September 2022 wurde die Reform AHV 21 an der Urne angenommen. Die Unia hat diese Vorlage bekämpft, weil mit ihr das Frauenrentenalter erhöht wurde. Die Reform ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Neu sprechen wir nicht mehr vom ordentlichen Pensionierungsalter. Sondern vom Referenzalter, das für Frauen und Männer einheitlich auf 65 Jahre festgelegt wurde. Für die Übergangsgeneration wird das Referenzalter der Frauen schrittweise um jeweils drei Monate pro Jahr erhöht. Mehr Informationen und eine auf Ihre Situation zugeschnittene Beratung erhalten Sie von der Ausgleichskasse. (Work, 16.2.24, adaptiert)
Ich beziehe seit ein paar Monaten Arbeitslosengeld. Heute habe ich von der Arbeitslosenkasse eine Verfügung erhalten, und es heisst, ich müsse über 1000 Franken zurückzahlen. Beim Berechnen meines versicherten Verdienstes sei ihnen ein Fehler unterlaufen. Die Arbeitslosenkasse beharrt auf der Rückzahlung. Das kann doch nicht sein, ich kann ja nichts dafür, haben sie nicht sauber gearbeitet. Muss ich das Geld trotzdem zurückzahlen?
Natasa Jevdenić: Ja, leider. Die Arbeitslosenkasse ist verpflichtet, Fehler zu korrigieren, wenn sie entdeckt werden. Sie trifft kein Verschulden am Fehler, das ist richtig, es war ein reiner Kassenfehler. Indem Ihr versicherter Verdienst zu hoch berechnet wurde, haben Sie zu viel Geld erhalten. Hier spricht man von «unrechtmässig bezogenen Leistungen», was nichts damit zu tun hat, wer schuld am Fehler war, sondern einzig damit, dass die ausgerichtete Entschädigung nicht den gesetzlichen Leistungen entspricht. Daher ist die Rückforderung aus rechtlicher Sicht korrekt. Die Arbeitslosenkasse ist verpflichtet, die Rückforderung zu stellen und Sie müssen den Betrag zurückerstatten.
Ich war vor 3 Jahren arbeitslos und hatte Leistungen bezogen. Gleichzeitig hatte ich mehrere Einsätze über Temporärbüros und verrichtete abends und an den Wochenenden Reinigungsarbeiten. Die Arbeitslosenkasse verlangt nun Geld von mir zurück, weil ich diese Reinigungseinsätze nicht angegeben hatte. Sie fanden ausserhalb meiner normalen Arbeitszeit statt, und ich habe immer gewissenhaft alles eingereicht. Darf die Arbeitslosenkasse nun Geld von mir zurückfordern?
Natasa Jevdenić: Ja. Im Rahmen des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit gleicht die zentrale Ausgleichsstelle Taggeldbezüge der Arbeitslosenversicherung mit den Einträgen in den individuellen Konten (IK-Einträge) ab.
In Fällen mit Überschneidungen wird die Arbeitslosenversicherung informiert, und die Fälle werden im Detail geprüft. Das Vorgehen der Arbeitslosenkasse war somit rechtens. Betreffend die Reinigungstätigkeiten ist zu unterscheiden, ob Sie diese bereits vor der Arbeitslosigkeit hatten oder nicht. Jede Arbeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld zählt als Zwischenverdienst. Wenn Sie die Tätigkeit nach Eintritt der Arbeitslosigkeit angefangen haben, hätte Sie sie als Zwischenverdienst melden müssen. Wenn Sie diese Reinigungsjobs schon vorher, neben Ihrem normalen Arbeitspensum, hatten, sind dies Nebenbeschäftigungen. Wenn Sie während der Arbeitslosigkeit mehr gearbeitet haben, ist das als Zwischenverdienst anzurechnen, ansonsten nicht. (Work, 01.12.2023)
Die Invalidenversicherung hat meinem Mann eine Teilrente zugesprochen. Diese reicht nicht aus, um unsere vierköpfige Familie zu ernähren: seit der Geburt des ersten Kindes habe ich mich um die beiden Kinder (ein- und dreijährig) gekümmert. Ich bin auf Stellensuche, bisher erfolglos. Da wir zu wenig Geld haben, meldete ich mich auch beim Sozialdienst der Gemeinde. Die Sozialarbeiterin hat mir geraten, mich beim RAV anzumelden, damit ich Arbeitslosenentschädigung erhalte, solange ich auf Stellensuche bin. Habe ich Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, obwohl ich seit 2020 nicht mehr arbeite?
Marina Wyss: Ja, sofern sämtliche Voraussetzungen und insbesondere die Beitragszeiten erfüllt sind. Mit der Anmeldung beim RAV wird eine sogenannte Rahmenfrist eröffnet, innert deren während eines gewissen Zeitraums Beiträge entrichtet worden sind (Beitragszeiten). In der Regel müssen Sie 12 Monate innert der letzten zwei Jahre gearbeitet haben, damit Sie Anspruch auf Arbeitslosentschädigung haben. Das Gesetz sieht für Versicherte, die sich der Erziehung ihrer jünger als zehnjährigen Kinder gewidmet haben, eine Ausnahme vor: die Beitragszeiten müssen innerhalb der letzten vier statt zwei Jahre erfüllt worden sein. Durch jede weitere Geburt eines Kindes wird die Rahmenfrist verlängert. In Ihrem Fall ist ausserdem massgebend, dass Ihr Mann invalid geworden ist. Das Gesetz sieht für solche Fälle sogar eine Befreiung von den Beitragszeiten vor. (Work, 15.12.2023)
IV-Rente
In den letzten drei Jahren habe ich mich um unsere beiden kleinen Kinder gekümmert. Als mein Mann nur eine geringfügige IV-Rente zugesprochen erhielt, meldete ich mich beim RAV. Glücklicherweise habe ich aufgrund des Fachkräftemangels sofort eine Teilzeitstelle gefunden. Nun muss ich zwar sehr unregelmässig arbeiten, da aber mein Mann nun zu Hause bleibt, werden die Kinder von ihm betreut. Eine Nachbarin sagte mir, dass Eltern in solchen Fällen Unterstützung durch die öffentliche Hand erhalten. Stimmt das?
Marina Wyss: Ja, Sie können sogar mehrere Ansprüche bei den Sozialversicherungen geltend machen. Ihr Mann bezieht eine IV-Rente, weshalb er von der IV zusätzlich Kinderrenten für die beiden Kinder erhalten sollte. Da Sie nun wieder begonnen haben zu arbeiten, haben Sie über Ihre Arbeitgeberin Anspruch auf Familienzulagen. Da Ihre Kinder noch klein sind, sind das mindestens 200 Franken Kinderzulage pro Kind. Sie können sich bei der Ausgleichskasse Ihres Wohnkantons melden. Übrigens unterscheiden sich die Höhe und die Arten der Familienzulagen je nach Kanton, weshalb Sie vielleicht Anspruch auf weitere oder höhere Zulagen haben. (Work, 15.12.2023)