Ratgeber

Ich, weiblich, habe Jahrgang 1962 und werde meine Arbeitsstelle per Ende Juli verlieren. Mir wurde mitgeteilt, dass ich bei der Arbeitslosenkasse zwei Jahre lang Leistungen beziehen könne. Da ich aufgrund der AHV-Reform erst mit 64 Jahren und 6 Monaten in die AHV-Rente gehen kann, würde für mich eine Lücke von ein paar Monaten entstehen. Ist das richtig?

NATASA JEVDENIC: Nein, das muss nicht sein. Ob bei Ihnen tatsächlich eine Lücke entsteht, hängt davon ab, wie lange Sie vor dem Verlust Ihrer Stelle gearbeitet haben. Wenn eine Person vier Jahre vor dem Erreichen des ordentlichen AHV-Alters arbeitslos wird, kann der Anspruch auf Taggelder verlängert werden. Wenn Sie sich im Sommer 2024 zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung anmelden, wird die Rahmenfrist bis zum Erreichen des AHV-Referenzalters andauern. Auch wenn Sie in die schrittweise Erhöhung des Referenzalters gemäss AHV-Reform fallen. Wie viele Taggelder Ihnen aber effektiv zustehen, hängt von Ihrer Beitragszeit ab. Wenn Sie in den letzten zwei Jahren zwischen 12 und 17 Monate in einem Arbeitsverhältnis standen, stehen Ihnen 380 Tage zu, bei 18 bis 21 Monaten sind es 520 Tage und ab 22 Monaten 640 Tage. Ob eine Lücke für Sie entstehen könnte, ergibt sich also aus dieser Berechnung.

Ich bin 60 Jahre alt und habe meine Arbeitsstelle aus persönlichen Gründen gekündigt. Im Moment wäge ich meine Optionen ab und prüfe einen allfälligen Rentenvorbezug der beruflichen Vorsorge. Gleichzeitig würde ich mich aber auch arbeitslos melden und eine neue Arbeit suchen, da meine Pensionskassenrente allein nicht reichen wird. Ein Freund hat mich jedoch darauf hingewiesen, dass ich von der Arbeitslosenkasse nichts bekäme, wenn ich das machen würde. Stimmt das?

NATASA JEVDENIC: Nein, das stimmt so nicht mehr. Die gesetzlichen Bestimmungen haben sich mit der AHV-Reform per 1. Januar 2024 geändert. Seit diesem Jahr schliesst ein Rentenvorbezug der beruflichen Vorsorge oder der AHV einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht mehr aus. Die Arbeitslosenkasse prüft in solchen Fällen, ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Leistungen der beruflichen Vorsorge und/oder AHV würden dann von der monatlichen Arbeitslosenentschädigung vollumfänglich abgezogen werden. Sofern die Arbeitslosentaggelder höher sind als die Rente, erfolgt eine Auszahlung der Arbeitslosentaggelder. Sind die Arbeitslosentaggelder tiefer als die Rente, erfolgt keine Auszahlung der Arbeitslosenkasse. Eine Rente der beruflichen Vorsorge und ein Vorbezug der AHV würden kumuliert. (Work, 30.5.24)

Krankentaggeld: Warum bekomme ich nur 80 Prozent meines Lohnes?

Ich bin Schreiner. Im Januar hat mich eine Grippe erwischt. Der Arzt hat mir eine ­Woche Bettruhe verschrieben. Als ich Ende Monat die Stundenabrechnung kon­trollierte, waren da 8,3 Minusstunden aufgeführt. In der Lohnabrechnung sah ich, dass ein Teil meines Lohnes nur zu 80 Prozent ausgezahlt wurde. Als ich im Personalbüro nachfragte, erklärte mir die HR-Fachperson, dass eine Krankentaggeldversicherung bestehe. Laut GAV zahle diese erst ab dem zweiten Tag der Abwesenheit. Der erste Tag werde mir deshalb als Minusstunden verbucht. Ab dem zweiten Tag müsse die Arbeitgeberin dann nur noch 80 Prozent des Lohns fortzahlen. Stimmt diese Aussage?

Marina Wyss: Ja. Im Gesamtarbeitsvertrag für das Schreinereigewerbe heisst es, dass die Arbeitgeberin die dem GAV unterstellten Arbeitnehmenden kollektiv für ein Krankentaggeld bei Arbeitsunfähigkeit zu versichern habe. Die Lohnfortzahlung müsse erst ab dem zweiten Tag der Arbeitsverhinderung geleistet werden, das steht so ausdrücklich im GAV. Das heisst, der erste Tag geht zulasten der Arbeitnehmenden. Wenn eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen ist, zahlt diese 80 Prozent des Lohnes. Falls Arbeitnehmende für eine längere Dauer krank sind, leistet die Krankentaggeldversicherung dafür Taggelder für rund zwei Jahre (720 Tage). Ohne eine Regelung in einem GAV muss die Arbeitgeberin den Lohn zwar ab dem ersten Tag zu 100 Prozent fortzahlen, jedoch für weniger lange Dauer. (Work, 22.5.24)

Versprochen: Darf mein Chef mir die Gratifikation kürzen?

Vor gut zwei Jahren habe ich meine derzeitige Stelle angetreten. Aufgrund des Fachkräftemangels hat mir meine Arbeitgeberin eine Gratifikation von 5000 Franken in Aussicht gestellt, wenn ich bis am 31. Dezember 2023 nicht kündige. Dies wurde schriftlich so vereinbart. Ende 2023 habe ich jedoch nur 4000 Franken erhalten, obwohl das Arbeitsverhältnis nach wie vor ungekündigt ist. Als ich meinen Chef darauf ansprach, sagte er mir, dass eine Gratifikation abhängig vom Ermessen des Arbeitgebers sei und es aufgrund des schlechten Geschäftsgangs nicht möglich gewesen sei, mir einen zusätzlichen Monatslohn zu bezahlen. Hat er recht?

Myriam Muff: Nein. Es stimmt zwar, dass eine Gratifikation in einem gewissen Masse vom Willen des Arbeitgebers abhängt. Eine Gratifikation ist eine Sondervergütung, welche die Arbeitgeberin bei bestimmten Anlässen wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahres ausrichtet. Sie zeichnet sich gegenüber dem Lohn dadurch aus, dass sie zusätzlich zum Lohn ausgezahlt und vom Arbeitgeber freiwillig ausgerichtet wird. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Höhe der Gratifikation von der Qualität der Arbeitsleistung, dem Geschäftsgang oder von weiteren von der Arbeitgeberin frei bestimmbaren Kriterien abhängig gemacht wird. In Ihrem Fall wurde Ihnen für Ihre Firmentreue ein klares Versprechen über einen zum Voraus festgesetzten und fest vereinbarten Betrag gemacht – und zwar unabhängig vom Geschäftsgang. Ein im Voraus festgesetzter und fest vereinbarter Betrag kann gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts keine Gratifikation sein. Ihre Arbeitgeberin schuldet Ihnen damit die vereinbarten 5000 Franken bedingungslos. Es handelt sich dabei also um Lohn und nicht um eine Gratifikation im Ermessen der Arbeitgeberin. (Work, 08.03.2024)

Arbeitslos und IV: Warum wird die Leistung gekürzt?

Ich bin für längere Zeit zu 50 Prozent krankgeschrieben und habe deshalb meine Vollzeitstelle verloren. Ich habe mich bei der Arbeitslosenkasse angemeldet. Gleichzeitig lief ein Verfahren bei der IV. Die Arbeitslosenkasse hat mich normal entschädigt, bis der IV-Entscheid kam. Der IV-Grad beträgt 35 Prozent, eine IV-Rente gibt es nicht, und die Arbeitslosenkasse kürzt mir wegen des IV-Grads auch noch die Leistungen. Das geht doch nicht?

Natasa Jevdenić: Leider doch. Meldet sich eine erkrankte Person zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an und ist sie bereit und in der Lage, eine Arbeit im Umfang von mindestens 20 Prozent anzunehmen, besteht für die Arbeitslosenkasse eine Vorleistungspflicht. Das bedeutet, dass während des laufenden IV-Verfahrens von der Arbeitslosenkasse die vollen Leistungen erbracht werden. Wie das bei Ihnen der Fall war. Wird dann im Laufe des Verfahrens rückwirkend ein Invaliditätsgrad festgestellt, muss der versicherte Verdienst der verbleibenden Erwerbsfähigkeit angepasst werden. Dies geschieht unabhängig davon, ob der festgelegte Invaliditätsgrad zu einem Rentenanspruch führt oder nicht. Die Arbeitslosenversicherung deckt den Ausfall ab, den Sie aufgrund der Kündigung verlieren, jedoch nicht den Ausfall durch die Erwerbsunfähigkeit. Deshalb wurde aufgrund Ihres Invaliditätsgrades von 35 Prozent Ihre Erwerbsfähigkeit auf 65 Prozent angepasst.

(Work, 4.4.24)

Arbeitsunfähig: Wieso bezahlt die Kasse nicht mehr?

Ich bin arbeitslos, und gleichzeitig warte ich auf einen Entscheid der IV. Die Arbeitslosenkasse verlangte, dass ich mindestens zu 20 Prozent arbeitsfähig sein müsse. Das war eine Zeitlang möglich. Leider hatte ich nach ein paar Monaten einen starken Rückfall und bin nun seit drei Monaten wieder zu 100 Prozent krankgeschrieben. Die Arbeitslosenkasse hat noch einen Monat bezahlt und seither nichts mehr. Dürfen die das?

Natasa Jevdenić: Ja, das dürfen sie. Wie oben bereits dargelegt, sind die Arbeitsfähigkeit sowie die Bereitschaft von mindestens 20 Prozent Voraussetzungen, damit die volle Arbeitslosenentschädigung während eines laufenden IV-Verfahrens erbracht werden kann. Wird die versicherte Person zu 100 Prozent krankheitsbedingt arbeitsunfähig, greifen die regulären Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes. Demnach richtet die Arbeitslosenkasse das volle Taggeld längstens bis zum 30. Kalendertag nach Beginn der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aus. Danach können Taggelder erst ausgerichtet werden, wenn wieder eine Arbeitsfähigkeit von mindestens 20 Prozent besteht. Somit ist es richtig, dass die Arbeitslosenkasse ihre Leistungen auf einen Monat beschränkt hat. (Work, 4.4.24)

Auswärts arbeiten: Wird mir der Weg angerechnet?

Gemäss meinem Arbeitsvertrag ist mein Arbeitsort in der Stadt Zürich. Ich wohne in der Agglomeration von Zürich. Bisher war es für mich klar, dass mein Arbeitsweg nicht als Arbeitszeit angerechnet wird. Meine Arbeitgeberin hat aber noch eine Zweigstelle in Bern. Weil es dort akuten Personalmangel gibt, muss ich nächsten Monat in Bern arbeiten. Wird mir der längere Arbeitsweg als Arbeitszeit angerechnet?

Myriam Muff: Ja. Zwar gilt der Arbeitsweg grundsätzlich nicht als Arbeitszeit. Eine Ausnahme liegt aber dann vor, wenn Sie Ihre Arbeit ausserhalb des eigentlichen Arbeitsortes zu leisten haben und dadurch die Wegzeit länger als üblich ausfällt. In Ihrem Fall heisst dies, dass Ihnen die Differenz zwischen Ihrer bisherigen Wegzeit und der Wegzeit, die Ihnen im nächsten Monat aufgrund Ihres ausserordentlichen Einsatzes in der Zweigstelle Bern entsteht, als Arbeitszeit angerechnet werden muss. Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin Ihnen gestützt auf das Obligationenrecht die zusätzlich entstehenden Auslagen zu vergüten (zum Beispiel das Zugticket). (Work, 8.3.24)

AHV-AVS: Kann ich jetzt eine Teilrente beziehen?

Ich habe Jahrgang 1962 und erreiche mit 64 Jahren und 6 Monaten mein Referenzalter zur Pensionierung. Mit der AHV-Reform 21 gehöre ich ja zur Übergangsgeneration. Meine erwerbstätige Tochter hat an Weihnachten verkündet, dass sie ein Kind erwarte. Sie hat vor, nach dem Mutterschaftsurlaub wieder Vollzeit zur arbeiten. Ich würde mich gerne um das Enkelkind kümmern, wenn meine Tochter wieder zu arbeiten beginnt. Ich war bei der Ausgleichskasse und habe mich erkundigt, ob ich mich frühpensionieren lassen solle. Bei der Ausgleichskasse erklärte man mir, dass ich einen Teilvorbezug der Rente beantragen könne. Je nach Zeitpunkt käme auch ein tieferer Kürzungssatz zur Anwendung. Könnte ich die Rente teilweise vorbeziehen und Teilzeit weiterarbeiten?

Marina Wyss: Ja, es handelt sich um eine neue Möglichkeit, die mit Inkrafttreten der neuen AHV-Gesetzgebung eingeführt wurde. Neu können Sie tatsächlich auch eine Teilrente beziehen. Die Ausgleichskasse kann Ihnen verschiedene Optionen berechnen. Mehr Infos finden Sie auf diesen Erklärvideos. (Work, 16.2.24)

Unzulässige Fragen bei Ihrem Vorstellungsgespräch

Meine Schwester hatte letzte Woche ein Vorstellungsgespräch als Bibliothekarin. Dabei wurde ihr die Frage nach einem allfälligen Kinderwunsch gestellt. Darf der Vorgesetzte eine solche Frage stellen?

Gilles Sciboz: Nein. Die Firma muss mit geeigneten Fragen an die bewerbende Person herausfinden, ob sie sich für die ausgeschriebene Stelle eigne. Das heisst, dass nur Fragen im direkten Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Arbeitsstelle zulässig sind. Fragen, die über diesen Rahmen hinausgehen, verstossen gegen das Obligationenrecht, wonach der Arbeitgeber nur diejenigen Daten über den Arbeitnehmer bearbeiten darf, soweit sie seine Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen. Fragen zur Gesundheit einer Bewerberin oder zu einer möglichen Schwangerschaft sind nur zulässig, wenn die zu erledigenden Aufgaben mit gesundheitlichen Problemen oder einer bestehenden Schwangerschaft unvereinbar sind. So ist es beispielsweise möglich, eine Bewerberin zu fragen, ob sie Rückenprobleme habe, wenn sie schwere Lasten tragen muss. Oder sich nach dem Verlauf einer Schwangerschaft zu erkundigen, wenn es sich um Nachtarbeit, gefährliche oder anstrengende Arbeit handelt.

Fragen nach dem früheren Gehalt, dem Familienstand, Vorstrafen (ausser Vorstrafen im Zusammenhang mit Vermögensdelikten für eine Person, die im Finanzbereich arbeiten soll, oder Drogendelikten, wenn in einem Krankenhaus mit Opiaten gearbeitet wird), Gesundheitsproblemen, der sexuellen Orientierung oder der Religion sind verboten.

Der Kinderwunsch Ihrer Schwester steht in keinem direkten Zusammenhang mit den Aufgaben einer Bibliothekarin. Infolgedessen ist die Frage unzulässig. In diesem Fall darf Ihre Schwester vom sogenannten «Notwehrrecht der Lüge» Gebrauch machen und die Frage verneinen. (Work, 5.2.24)

AHV-AVS: Wann werde ich pensioniert?

Ich werde dieses Jahr 64 Jahre alt (Jahrgang 1960). Letztes Jahr sagte mir die Personalabteilung, dass ich 2024 pensioniert würde. Als ich im Pausenraum freudig verkündete, dass ich mich dieses Jahr pensionieren lasse, haben mir die Kolleginnen und Kollegen gesagt, dass das nicht sein könne. Eine nicht wesentlich jüngere Kollegin sagte mir, dass das HR ihr die Auskunft gegeben habe, sie könne erst mit 65 in Pension gehen. Kann ich mich 2024 pensionieren lassen?

Marina Wyss: Ja, Sie gehören zum letzten Jahrgang Frauen, die noch mit dem Abschluss des 64. Altersjahrs ihr Pensionsalter erreichen. Am 25. September 2022 wurde die Reform AHV 21 an der Urne angenommen. Die Unia hat diese Vorlage bekämpft, weil mit ihr das Frauenrentenalter erhöht wurde. Die Reform ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Neu sprechen wir nicht mehr vom ordentlichen Pensionierungsalter. Sondern vom Referenzalter, das für Frauen und Männer einheitlich auf 65 Jahre festgelegt wurde. Für die Übergangsgeneration wird das Referenzalter der Frauen schrittweise um jeweils drei Monate pro Jahr erhöht. Mehr Informationen und eine auf Ihre Situation zugeschnittene Beratung erhalten Sie von der Ausgleichskasse. (Work, 16.2.24, adaptiert)

Falsch berechnet: Muss ich den Fehler nun ausbaden?

Ich beziehe seit ein paar Monaten Arbeitslosengeld. Heute habe ich von der Arbeitslosenkasse eine Verfügung erhalten, und es heisst, ich müsse über 1000 Franken zurückzahlen. Beim Berechnen meines versicherten Verdienstes sei ihnen ein Fehler unterlaufen. Die Arbeitslosenkasse beharrt auf der Rückzahlung. Das kann doch nicht sein, ich kann ja nichts dafür, haben sie nicht sauber gearbeitet. Muss ich das Geld trotzdem zurückzahlen?

Natasa Jevdenić: Ja, leider. Die Arbeitslosenkasse ist verpflichtet, Fehler zu korrigieren, wenn sie entdeckt werden. Sie trifft kein Verschulden am Fehler, das ist richtig, es war ein reiner Kassenfehler. Indem Ihr versicherter Verdienst zu hoch berechnet wurde, haben Sie zu viel Geld erhalten. Hier spricht man von «unrechtmässig bezogenen Leistungen», was nichts damit zu tun hat, wer schuld am Fehler war, sondern einzig damit, dass die ausgerichtete Entschädigung nicht den gesetzlichen Leistungen entspricht. Daher ist die Rückforderung aus rechtlicher Sicht korrekt. Die Arbeitslosenkasse ist verpflichtet, die Rückforderung zu stellen und Sie müssen den Betrag zurückerstatten.

Nebenverdienst: Darf die Kasse Geld zurückverlangen?

Ich war vor 3 Jahren arbeitslos und hatte Leistungen bezogen. Gleichzeitig hatte ich mehrere Einsätze über Temporärbüros und verrichtete abends und an den Wochenenden Reinigungsarbeiten. Die Arbeitslosenkasse verlangt nun Geld von mir zurück, weil ich diese Reinigungseinsätze nicht angegeben hatte. Sie fanden ausserhalb meiner normalen Arbeitszeit statt, und ich habe immer gewissenhaft alles eingereicht. Darf die Arbeitslosenkasse nun Geld von mir zurückfordern?

Natasa Jevdenić: Ja. Im Rahmen des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit gleicht die zentrale Ausgleichsstelle Taggeldbezüge der Arbeitslosenversicherung mit den Einträgen in den individuellen Konten (IK-Einträge) ab.

In Fällen mit Überschneidungen wird die Arbeitslosenversicherung informiert, und die Fälle werden im Detail geprüft. Das Vorgehen der Arbeitslosenkasse war somit rechtens. Betreffend die Reinigungstätigkeiten ist zu unterscheiden, ob Sie diese bereits vor der Arbeitslosigkeit hatten oder nicht. Jede Arbeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld zählt als Zwischenverdienst. Wenn Sie die Tätigkeit nach Eintritt der Arbeitslosigkeit angefangen haben, hätte Sie sie als Zwischenverdienst melden müssen. Wenn Sie diese Reinigungsjobs schon vorher, neben Ihrem normalen Arbeitspensum, hatten, sind dies Nebenbeschäftigungen. Wenn Sie während der Arbeitslosigkeit mehr gearbeitet haben, ist das als Zwischenverdienst anzurechnen, ansonsten nicht. (Work, 01.12.2023)

Um die Kinder gekümmert: Kann ich Geld beim RAV beantragen?

Die Invalidenversicherung hat meinem Mann eine Teilrente zugesprochen. Diese reicht nicht aus, um unsere vierköpfige Familie zu ernähren: seit der Geburt des ersten Kindes habe ich mich um die beiden Kinder (ein- und dreijährig) gekümmert. Ich bin auf Stellensuche, bisher erfolglos. Da wir zu wenig Geld haben, meldete ich mich auch beim Sozialdienst der Gemeinde. Die Sozialarbeiterin hat mir geraten, mich beim RAV anzumelden, damit ich Arbeitslosenentschädigung erhalte, solange ich auf Stellensuche bin. Habe ich Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, obwohl ich seit 2020 nicht mehr arbeite?

Marina Wyss: Ja, sofern sämtliche Voraussetzungen und insbesondere die Beitragszeiten erfüllt sind. Mit der Anmeldung beim RAV wird eine sogenannte Rahmenfrist eröffnet, innert deren während eines gewissen Zeitraums Beiträge entrichtet worden sind (Beitragszeiten). In der Regel müssen Sie 12 Monate innert der letzten zwei Jahre gearbeitet haben, damit Sie Anspruch auf Arbeitslosentschädigung haben. Das Gesetz sieht für Versicherte, die sich der Erziehung ihrer jünger als zehnjährigen Kinder gewidmet haben, eine Ausnahme vor: die Beitragszeiten müssen innerhalb der letzten vier statt zwei Jahre erfüllt worden sein. Durch jede weitere Geburt eines Kindes wird die Rahmenfrist verlängert. In Ihrem Fall ist ausserdem massgebend, dass Ihr Mann invalid geworden ist. Das Gesetz sieht für solche Fälle sogar eine Befreiung von den Beitragszeiten vor. (Work, 15.12.2023)

Erhalte ich Unterstützung für die Kinder?

In den letzten drei Jahren habe ich mich um unsere beiden kleinen Kinder gekümmert. Als mein Mann nur eine geringfügige IV-Rente zugesprochen erhielt, meldete ich mich beim RAV. Glücklicherweise habe ich aufgrund des Fachkräftemangels sofort eine Teilzeitstelle gefunden. Nun muss ich zwar sehr unregelmässig arbeiten, da aber mein Mann nun zu Hause bleibt, werden die Kinder von ihm betreut. Eine Nachbarin sagte mir, dass Eltern in solchen Fällen Unterstützung durch die öffentliche Hand erhalten. Stimmt das?

Marina Wyss: Ja, Sie können sogar mehrere Ansprüche bei den Sozialversicherungen geltend machen. Ihr Mann bezieht eine IV-Rente, weshalb er von der IV zusätzlich Kinderrenten für die beiden Kinder erhalten sollte. Da Sie nun wieder begonnen haben zu arbeiten, haben Sie über Ihre Arbeitgeberin Anspruch auf Familienzulagen. Da Ihre Kinder noch klein sind, sind das mindestens 200 Franken Kinderzulage pro Kind. Sie können sich bei der Ausgleichskasse Ihres Wohnkantons melden. Übrigens unterscheiden sich die Höhe und die Arten der Familienzulagen je nach Kanton, weshalb Sie vielleicht Anspruch auf weitere oder höhere Zulagen haben. (Work, 15.12.2023)