Die von US-Präsident Donald Trump am 2. April angekündigten und ab dem 9. April in Kraft getretenen hohen Zolltarife haben innerhalb einer Woche weltweit zu erschütternden Entwicklungen und Diskussionen geführt. Die Börsen beben, und die Folgen für die Weltwirtschaft sind unabsehbar. Work hat den SGB-Chefökonom Daniel Lampart am 8. April gefragt, was diese Entwicklung auf die Lohnabhängigen in der Schweiz zukommt. Wir haben dieses Interview für Euch zusammengefasst.
Die Zollpolitik der USA unter Trump bringt viel Unsicherheit und Instabilität. Nach der Ankündigung der Tarife bebet die Börse und Märkte geraten ins Strudeln. Einige Tage später rudert er zurück und setzt bestimmte gerade in Kraft getretene Zölle für 90 Tage aus. Während der Pause solle ein universeller Zollsatz von 10 Prozent gelten. Was Trump zum Einlenken brachte, waren die Inflation, das Risiko einer wirtschaftlichen Stagnation und der rasche Ausverkauf von US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren in den USA. Gemäss Daniel Lampart wird es für gewisse Branchen schwieriger. Er sagt folgendes: Ein grosser Teil der Schweizer Exporte wird – Stand jetzt – gar nicht von Zöllen erfasst oder nur minimal. Zum Beispiel die Pharma. Es ist nicht das erste Mal, dass eine Trump-Regierung an der Zoll-Schraube dreht. Bereits 2018 wurden Importe aus China stark belastet. Von damals wissen wir, dass die Exportzölle nicht von den chinesischen Firmen bezahlt wurden, sondern von den US-Konsumierenden und vom US-Detailhandel – über höhere Preise und geringere Margen. Die Schweizer Exporteure haben sicher eine bessere Marktstellung als die chinesischen Firmen, die vor allem Billigprodukte in die USA exportierten. Darum gehe ich davon aus, dass ein grosser Teil dieser Zölle – so sie dann überhaupt kommen und in der jetzt verkündeten Form – weitergegeben werden kann. Das ist negativ für die Bevölkerung in den USA und wird sicher die weltweite Nachfrage etwas abschwächen, aber: für die Arbeitnehmenden in der Schweiz ist es bei weitem nicht das grösste Problem der letzten 20 Jahre. Dieser Zoll-Rundumschlag von Trump ist vor allem ein Problem der Menschen in den USA. Kurz: Die US-Zollpolitik unter Trump schadet der eigenen Bevölkerung.
Die Börsen schmieren weltweit ab, viele Regierungen und Nationalbanken haben in den Krisenmodus geschaltet. Lampart erklärt diese wie folgt: Die Finanzmärkte sind vor allem darüber schockiert, dass sich die Politik über die Interessen der grossen Konzerne weltweit hinwegsetzt. Neben den Zöllen haben jene US-Ökonomen, die Trump beraten, ja noch andere Pläne, die weit darüber hinausgehen, was wir bisher wirtschaftspolitisch gesehen haben. Zum Beispiel die Idee, Anleger in den USA teilweise zu enteignen, um den Dollar zu schwächen. Das macht die Anlegerinnen und Anleger nervös. Die Arbeitnehmenden sollten sich nicht anstecken lassen. Für die Arbeitnehmenden in der Schweiz ist der Schweizer Franken wichtig. Der hat sich leider aufgewertet in den letzten Tagen. Es ist völlig klar, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) dafür sorgen muss, dass wir einen fairen Wechselkurs haben. Das heisst: eher abwerten statt aufwerten. Neben der Verlängerung der Kurzarbeit ist diese Massnahme sicher zentral. Und dann muss der Bundesrat halt schauen, ob mit dieser US-Regierung eine vernünftige Verständigung überhaupt möglich ist.
Aus Arbeitgeberverbänden und bürgerlichen Parteien ertönt jetzt der Ruf, als Reaktion auf Trump die Steuern zu senken und weiter zu deregulieren. Oder gar die Einführung der 13. AHV-Rente zu verschieben. Lampart findet das als Unsinn. Die beste Industrie- und Wirtschaftspolitik ist eine, die in die Arbeitnehmenden investiert. Alle Massnahmen, die die Situation der Arbeitnehmenden verschlechtern, sind dabei nicht zielführend. Denn: Was wir brauchen, sind gute Löhne, gute Arbeitsbedingungen und gute Ausbildungen. Das ist nichts Neues, aber es gilt weiterhin – mit oder ohne Trump sagt Lampart.
Neben vielem anderen wirft Trump den anderen Industriestaaten vor, die Löhne ihrer Arbeitenden niedrig zu halten, um zu tieferen Preisen in die USA exportieren zu können. Tatsächlich gibt es bei der Weitergabe der Produktivitätsgewinne an die Arbeitnehmenden, also den Löhnen, Handlungsbedarf. Wobei der in den USA grösser ist als in der Schweiz. Beispielsweise sind die Reallöhne in der US-Autoindustrie heute 20 Prozent tiefer als vor 20 Jahren. Aber auch in der Schweiz ist die Situation zunehmend besorgniserregend. Die Reallöhne in der Maschinenindustrie zum Beispiel stagnieren seit Jahren. Die Branche hat immer mehr Mühe, gute Leute zu finden. Noch ist es nicht so schlimm wie in den USA. Aber auch bei uns sind die Löhne eindeutig zu wenig stark gestiegen. Das haben wir immer gesagt. Da muss es aufwärtsgehen. Die beste Industriepolitik ist, die besten Arbeitnehmenden zu haben. Um die besten Arbeitnehmenden zu haben, braucht es gute Löhne, gute Ausbildung. Hier schneidet die Schweiz viel besser ab als die USA.